Eine Frage der Taktfrequenz

Eine Sache ist mir in den letzten Wochen klar geworden: unser ganzes System funktioniert wie eine große Schwungscheibe. Wenn wir in Hektik oder Stress geraten, dreht sich diese Scheibe schneller und schneller. Und wie es mit so einer schweren Scheibe ist, wenn sie erst einmal in Schwung geraten ist, ist es nicht so einfach, sie wieder zu bremsen. Das heißt wenn der Stress vorbei ist, schaffen wir es oft kaum, wieder umzuschalten und das Tempo auf ein gesundes Maß zu drosseln.

Die Geschwindigkeit dieser Scheibe lässt sich vielleicht am ehesten vergleichen mit der Taktfrequenz eines Computers: Je höher die Taktfrequenz, desto mehr Aufgaben können in einer kurzen Zeitspanne erledigt werden. Heutzutage scheint das Leben oft so zu sein, dass man nur mit einer hohen Taktfrequenz all die anstehenden Aufgaben bewältigen kann. Das ist eine Illusion.

Denn diese Welt ist natürlich unser Spiegelbild, was nichts anderes bedeutet, als dass wir uns genau diese Welt in jedem einzelnen Moment mit unseren Gedanken und Gefühlen erschaffen. Die Frage ist: Wäre es möglich, im Alltag, zu funktionieren OHNE dass man die Schwungscheibe in den Stressbereich beschleunigt, sondern so, dass sie in einem Tempo dreht, in dem man in einer entspannten, gelassenen Art und Weise den Tag durchlebt? Ich glaube, dass dies möglich ist. Das Haupthindernis, welches wir dabei überwinden müssen, ist die Grundannahme, dass wir, um in der Welt mitzuhalten, in den Stressmodus geraten MÜSSEN, weil wir es gar nicht anders schaffen. Doch das ist ein Trugschluss. Zum einen, wie schon erwähnt, erschaffen wir uns diese Welt ja selbst. Zum anderen: Was bewirkt es, wenn wir in den Stressmodus geraten? Wir verbrauchen mehr Energie, als uns zur Verfügung steht und produzieren damit zwangsläufig, nachdem die Energie verbraucht ist, ein energetisches Loch, von dem wir uns wieder erholen müssen, in dem wir uns abgespannt und schlapp fühlen. Am Ende haben wir in der gleichen Zeit also nicht mehr geschafft, als wenn wir kontinuierlich – ohne energetisches Loch – in einem gelassenen Gemütszustand gearbeitet hätten.

Zudem, das ist meine tiefste Überzeugung, ist es nicht im Sinne des Lebens, dass wir uns abrackern, sondern wir sind hier, um das Leben zu genießen, um entspannt und mit Freude durch den Tag zu gehen. Sicher gibt es Situationen, in denen es notwendig ist, schnell zu handeln, schnelle Entscheidungen zu treffen, viele Punkte nacheinander abzuarbeiten. Aber all das geht auch mit einer niedrigeren Taktfrequenz. Es kommt nicht darauf an, dass wir wahnsinnig schnell sind. Viel entscheidender ist, dass wir die richtigen Dinge tun, nämlich die, die in Einklang mit unseren höheren Zielen sind. Doch die dazu notwendige innere Stimme, die Intuition, können wir nicht wahrnehmen, wenn wir im Stressmodus sind, wenn wir so schnell drehen, dass wir darauf keinen Zugriff mehr haben, wenn wir diese Neigungen, die gelebt werden wollen, gar nicht mehr wahrnehmen können.

Fassen wir noch einmal kurz zusammen: Erstens ist es eine Illusion, das man mehr schafft, wenn man im Stressmodus agiert. Zweitens kreieren wir uns damit auch für die Zukunft eine hektische und anstrengende Welt (was wir nicht wollen!). Drittens festigen wir damit kontinuierlich die Grundannahme, dass unser Alltag so sein muss.

Steigen wir also aus aus diesem Karussell! Wir KÖNNEN unser Leben in einer entspannten Taktfrequenz leben. Wir KÖNNEN unabhängig von den Umständen, die wir ja selbst kreieren, entspannt durch den Tag gehen. Wir drehen einfach die Kausalität um: wir lassen es nicht mehr zu, dass hektische Umstände uns in hektische Betriebsamkeit versetzen, sondern wir bleiben in Gelassenheit und erzeugen damit entspannte und angenehme Umstände. Wir drehen den Spieß also einfach um. Dies ist möglich. Entscheidend ist, ob wir daran GLAUBEN und ob wir im Täglichen uns immer wieder daran ERINNERN. Denn wenn wir dies tun, können wir ein Leben ohne Stress, sondern mit Freude und Gelassenheit leben.

Der Stressmechanismus

Warum ist es eigentlich oft so schwer, den Ausgang aus der Stressspirale zu finden? Weil es im Grunde der sich selbst befeuernde „ich“-Mechanismus ist. Ein Gedanke taucht z.B. auf: „Ich muss noch den Termin für den Zahnarzt übermorgen verschieben, weil ich vergessen habe, dass ich arbeiten muss.“ Angemessen auf diesen Gedanken – der ja durchaus sinnvoll ist – zu reagieren, hieße, entweder zum Telefonhörer zu greifen oder, falls es gerade nicht möglich ist, einen Zettel und Stift zur Hand zu nehmen und eine Notiz zu schreiben, damit man sich später darum kümmern kann.

Wird beides versäumt, erzeugt der Gedanke nur ein Druckgefühl. Ein weiterer Gedanke bricht sich vielleicht Bahn: „Oh nein, nicht das auch noch…“. Neben den Gedanken taucht nach kurzer Zeit schon zusätzlich ein Gefühl auf, so ein zerrissenes „Stressgefühl“. Die Atmung passt sich an und wird flach oder macht Aussetzer. Das kennen wir alle, oder? Warum steigen wir nicht an dieser Stelle aus aus dem Drehwurm, bevor er uns schwindelig macht?

Bewusstsein heißt das Zauberwort. Die bewusste Entscheidung, wie oben beschrieben, angemessen zu reagieren und den Gedanken dann vollkommen loszulassen, ist die Tür zum Ausgang. Aber das ist keine bewusste Wahl eines „ich“. Manchmal passiert es, manchmal eben nicht… Es ist niemand da, der eine Wahl hätte.

Wenn das Bewusstsein für diese Zusammenhänge nicht da ist, dann geht der Kreisel weiter. Das Gefühl wird als „unangenehm“ empfunden. Daraus entstehen weitere Gedanken, z.B. „Ich will das nicht! Ich muss etwas ändern!“. Man gerät ins rastlose Tun, um die Dinge endlich wieder „in Ordnung zu bringen“ oder sie „endlich zu erledigen“. Diese Gedanken und das rastlose Antreiben den Körpers wiederum zieht ein stärkeres negatives Gefühl nach sich.

Nach kurzer Zeit schon ist das Gefühl so unerträglich geworden, dass möglicherweise das Bedürfnis entsteht, es ganz zu verdrängen. Und wie ginge das besser, als einfach wie besinnungslos weiter zu ackern…

Zum Glück zeigt der Körper irgendwann die rote Karte: er kann nicht mehr, wird schlapp oder – wenn der Stress über längere Zeit anhält – krank. Dann sind wir gezwungen, innezuhalten. Und das bedeutet: die Gefühle können nicht mehr durch Aktivität verdrängt werden. Und das fühlt sich ätzend an… Weil es ein Berg an verdrängten Gefühlen ist, der nun aus dem Keller heraufgekrochen kommt.

Aber all das wäre gar nicht nötig gewesen! Oder doch? Es gibt keine Wahl, nur Beobachtung. Kein „ich“, nur DAS hier… 🙂